„Leckeres“ vom Wegesrand
Catharina dreht mit „Lotte“ eine Runde. Plötzlich verschwindet der Australian Shepherd in der Wiese und schluckt rasch etwas runter. So eine Matz – und Frauchen hat wieder mal zu spät geschaltet! Egal, was es war, es ist jedenfalls schon gefressen und zu spät für eine Rüge. „Viele Hunde fressen alles Mögliche, was so auf dem Wegesrand zu finden ist, leider auch für uns sehr unappetitliche Dinge. Trainieren Sie deshalb bereits zu Hause, dass Ihr Hund Dinge abgibt, die er bereits im Maul hat. Bieten Sie ihm im ersten Stepp ein Tauschgeschäft an. Nach vielen Übungen, in denen Ihr Hund seine „Beute“ an Sie abgibt, verlagern Sie diese nach Draußen und sichern sie diese mit der Leine ab. Im weiteren Verlauf können Sie Fressbares auslegen, um die Verlässlichkeit Ihres Hundes zu überprüfen. Das hat den großen Vorteil, dass Sie vor Ihrem Hund wissen, wo die „gut riechenden Sachen“ zu finden sind und Sie entsprechend reagieren können.“ In Fällen von krankhafter Fresslust hilft allerdings nur ein Maulkorb um schwere Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Die Last mit der Jagdlust
Kaum von der Leine, ist der Kromfohrländer Kuno auch schon unterwegs, um mit tiefer Nase den Boden nach verführerischen Wildspuren abzusuchen. Und sobald er eine Fährte gefunden hat, ist er weg. Oder er scannt beim Auslauf am Waldesrand die Umgebung, um ja kein Reh und keinen Hasen zu verpassen. Das „Hier“ von Frauchen Sonja verhallt ungehört, sobald Kuno auf dem Jagdtrip ist. „Jagen, egal ob Wild, Jogger oder Autos, ist selbstbelohnend – eine Spur aufnehmen, Hinterherjagen bereitet dem Hund Glücksgefühle“, erklärt Neumaier. Und jede Form der Jagd beflügelt ihn – er möchte dies möglichst wiederholen. Hat ein Hund auch noch Erfolg und hetzt, stellt oder reißt zum Beispiel ein wild lebendes Tier oder Weidevieh, verschlimmert sich die Problematik dramatisch. Deshalb sollte man am und im Wald sowie in unübersichtlichem Gelände den Hund nur an einer langen Schleppleine laufen lassen. „Sollte er auf seinem Spaziergang eine „vermeintliche Beute“ entdeckt haben, lassen Sie ihn neben sich absitzen, bis er sich beruhigt hat, bevor Sie weiter gehen. Trainieren Sie mit Ihrem Hund zum Beispiel einen abrufbaren Blickkontakt oder ein Stoppsignal, damit man ihn bereits im Ansatz jagen zu gehen, stoppen kann.“ Grundsätzlich gilt: Solange sich Ihr Hund nicht zuverlässig abrufen oder stoppen lässt, sollten Sie ihn in für den Hund reizvollen Gegenden nicht frei laufen lassen!
Adäquat belohnen
Mischling „Kira“ kann „Sitz“, mag aber manchmal nicht Sonjas Anweisungen ausführen. Sonja sagt „Sitz“, Kira schaut sie an und wartet. Jetzt versteht Sonja ihren geliebten Vierbeiner und holt ein „Leckerli“ aus der Tasche. Oh, welch Wunder – Kira setzt sich, ohne zu überlegen, sofort. „Vorsicht! Hier handelt es sich um Erpressung“, mahnt Neumaier. „Hier hat Kira sein Frauchen sehr gut erzogen. Der kleine, aber feine Unterschied: Wird der Hund belohnt, zeigt er zunächst die Leistung ohne zuvor die Belohnung zu kennen; wird er bestochen, zeigt er die Leistung erst, wenn er weiß, welche Gegenleistung er dafür bekommt. Ein Hund sollte für gute Leistungen verlässlich belohnt werden. Die höchste Form der Belohnung ist, wenn man ihm das ermöglichen kann, was er in diesem Moment am liebsten hätte wie zum Beispiel das Entfernen der Leine, ein Spiel mit einem anderen Hund oder seinem Besitzer, ein Leckerli.
Hunde haben kein schlechtes Gewissen
Es gibt Reaktionen von Herrchen und Frauchen, die der Hund auf keinen Fall so versteht, wie sich das die Hundebesitzer vorstellen. Dazu gehört beispielsweise, den Hund zur Strafe für den Rest des Spaziergangs anzuleinen, weil er nicht auf Ruf gekommen ist. Oder ihm zur Strafe eine Mahlzeit zu streichen. Falls der Hund sein Geschäft in der Wohnung oder im Haus gemacht hat, ihm mit der Zeitung einen Klaps zu geben, zu schimpfen oder gar seine Nase ins Häufchen oder Pfützchen stecken. „Solche Maßregelungen sind für einen Hund nicht verständlich, er kann keinerlei Verknüpfung zu dem unerwünschten Verhalten herstellen“, klärt Neumaier die Gruppe auf. Wieder etwas Neues gelernt! Der Nachmittag neigt sich dem Ende. Wir unterhalten uns über weitere Themen wie Bindungsaufbau und Stresssymptome von Hunden, während unsere Vierbeiner gemeinsam über die blühende Wiese toben. Jetzt haben wir erkannt, dass ein harmonisches Zusammenleben mit unseren Hund kein Zufall ist. Wissen, Engagement, Training und bewusst eingesetzte Kommunikation machen das Leben mit unserem Hund leicht und erhöht die Freude aneinander ungemein. „Dem Hunde, wenn er gut gezogen, wird selbst ein weiser Mann gewogen“, wusste schon Johann Wolfgang von Goethe.
Text: Sonja Schön
Infos und Fotos:
www.daskranzbach.de
Buchtipps:
Katharina Schlegl-Kofler: Trickkiste Hundeerziehung, Gräfe und Unzer Verlag, 14,99 Euro.
Martin Rütter: Sprachkurs Hund: Körpersprache verstehen, richtig kommunizieren, Kosmos-Verlag, 19,95 Euro.
José Arce: Meine 5 Geheimnisse für eine glückliche Mensch-Hund-Beziehung, Gräfe und Unzer Verlag, 19,99 Euro.