14.09.2024

Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne

Ausstellung vom 14. September 2024 – 12. Januar 2025, Museum Barberini, Potsdam

Vom 14. September 2024 bis 12. Januar 2025 präsentiert das Potsdamer Museum Barberini uner dem Titel "Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne" die erste postume Retrospektive, die dem Fauvisten und prägenden Künstler der französischen Avantgarde an einem deutschen Museum zuteil wird.

Anhand von 73 ausgewählten Exponaten vermittelt sie einen weitläufigen Überblick über Vlamincks gesamtes malerisches Œuvre: von seinen ersten, zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgeführten Kompositionen, über seine von Cézanne und Picasso inspirierten Experimente mit dem Kubismus, bis zu seinen letzten Landschaftsbildern, in denen er eine höchst individuelle Spielart des Spätimpressionismus entwickelte.

 

Ungemischte Farben, ungestümer Pinselstrich, abstrahierte Formensprache

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schockierte eine Künstlergruppe das Publikum mit einer Malerei,  die sich auf radikale Weise von bisherigen künstlerischen Konventionen abwandte. Als „fauves“, als „Wilde“ bezeichnet, traten die Künstler den Weg in die Moderne an – allen voran Maurice de Vlaminck (1876–1958). Zunächst als Vorreiter eines französischen Expressionismus gefeiert, liegt die letzte Retrospektive des Künstlers in Deutschland fast 100 Jahre zurück. Die Ausstellung Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne gibt nun erstmals seit 1929 einen Überblick über Vlamincks gesamtes Werk, wobei  der Akzent auf der produktiven Schaffenszeit vor dem Ersten  Weltkrieg liegt, ergänzt durch eine Auswahl später Arbeiten.

Ausgangspunkt der Ausstellung mit 73 Werken, die in Kooperation mit dem Von der Heydt-Museum Wuppertal entstand, sind die neun Gemälde  Vlamincks in der Sammlung Hasso Plattner, die von Leihgaben aus unter  anderem der Tate Modern in London, dem Museo nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid, dem Centre Pompidou und dem Musée d’Orsay  in Paris, dem Van Gogh Museum  in Amsterdam, dem Museum Folkwang in Essen, der Staatsgalerie Stuttgart sowie dem Metropolitan Museum  of Art in New York, dem Dallas Museum of Art und der National Gallery  of Art in Washington ergänzt werden.

 

Die erste Avantgarde-Strömung des 20. Jahrhunderts

Seit 1903 bot der Pariser Salon d’Automne französischen  und internationalen Künstlern eine Plattform, um ihre Kunst entgegen der konservativen  Politik des Salon de Paris zu präsentieren.  1905 traten dort erstmals junge, unbekannte Künstler in Erscheinung, die durch den Kritiker  Louis Vauxcelles als „fauves“ bezeichnet wurden: Henri Matisse, André Derain, Kees van Dongen – und Maurice de Vlaminck. Mit ihren farbgewaltigen,  ganz auf Ausdruck  und Emotion ausgerichteten Werken begründeten sie den Fauvismus als erste Avantgarde-Strömung des 20. Jahrhunderts. 

Obwohl als Kollektiv wahrgenommen, einte die Künstler kein Manifest; dennoch verband sie die Ablehnung aller bisheriger Kunstauffassungen und das Bekenntnis  zur völligen Freiheit des Künstlers. Maurice de Vlaminck inszenierte sich als ungestümer  junger Künstler. Der Autodidakt ohne akademische künstlerische  Ausbildung pflegte  das Selbstbild als „Wilder“, dessen Werk von Expressivität geprägt  war. Bereits 1905 erwarb der Kunsthändler  Ambroise Vollard den Großteil von Vlamincks Atelier-Bestand und ermöglichte ihm somit die professionelle  Künstler-Laufbahn.

 

Ein Autodidakt als Pionier

Zur Kunst fand Maurice de Vlaminck durch eine Zufallsbegegnung mit André Derain, der den Geiger, Radrennfahrer, Boxer und Autor Vlaminck zur Malerei ermutigte. Beeinflusst durch Vincent van Gogh, ist bezeichnendes Charakteristikum für Vlamincks fauvistisches Schaffen die Aufwertung der Farbe, die ihm als Mittel heftigen Ausdrucks dient. Wie die Impressionisten faszinierten Vlaminck die Landschaften entlang der Seine, die er mit pastosem Farbauftrag und grellen Farbtönen festhält. In seinem Auftrag reiner, ungemischter Farben, teilweise direkt aus der Tube auf die Leinwand gebracht, folgt Vlaminck seinem Vorbild Van Gogh. Vlaminck entwickelt in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg einen Expressionismus, der an Werke der Dresdener Künstlergruppe Die Brücke erinnert. Ab 1906 weicht die explosive Farbigkeit gedämpfteren, dunkleren Tönen und Paul Cézanne tritt als Inspirationsquelle  an die Stelle Van Goghs.

 

Auseinandersetzung im Sammlungskontext

In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ist Maurice de Vlaminck international stark rezipiert: 1912 nimmt er mit sechs Werken an der Ausstellung des Kölner Sonderbunds teil, im selben Jahr zeigt ihn Herwarth Walden in seiner Berliner Galerie Der Sturm; im Jahr darauf ist er in der New Yorker Armory-Show vertreten. Auch das Von der Heydt-Museum Wuppertal, Kooperationspartner der Ausstellung Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne, nimmt Vlaminck bereits früh in seine Sammlung auf:

„Das Von der Heydt-Museum ist eines der deutschen Häuser, die besonders früh Arbeiten Maurice de Vlamincks zeigen konnten. Schon 1911 erwarb August Freiherr von der Heydt ein Stillleben auf dem Pariser Herbstsalon, 1912 und 1913 folgten weitere Werke. Ankäufe wie diese begründeten den Ruf des Museums als einzigartiger Ort für europäische Avantgarde- Kunst. Gemeinsam mit dem Museum Barberini die erste postume Retrospektive  des Künstlers auszurichten, ist vor dem Hintergrund unserer Sammlungsgeschichte nur schlüssig, und wir freuen uns, den Künstler in seiner stilistischen Vielfalt einem größeren Publikum präsentieren zu können“, so Roland Mönig, Direktor des Von der Heydt-Museums  Wuppertal.

Auch in der Sammlung Hasso Plattner, die seit 2020 dauerhaft am Museum Barberini zu sehen ist und wie keine andere Sammlung einen Überblick über die impressionistische und postimpressionistische Landschaftsdarstellung ermöglicht, spielt Vlaminck eine herausragende Rolle: „Die Sammlung Hasso Plattner beinhaltet neun Werke Vlamincks, darunter vier Schlüsselwerke der fauvistischen Phase. Sie bilden das drittstärkste Konvolut unter allen Künstlern der Sammlung und an keinem anderen Haus in der deutschsprachigen Museums landschaft ist ein größerer Bestand des Künstlers zu sehen. Mit der Ausstellung und im Kontext der Sammlung kann man Maurice de Vlaminck in Potsdam als einen Künstler erleben, der den Impressionismus malerisch wie motivisch ins 20. Jahrhundert  weitergeführt und mit starken Farben aktualisiert hat“, sagt Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini.

Daniel Zamani, Kurator der Ausstellung am Museum Barberini: „Maurice de Vlamincks Werk markiert ein bedeutendes  Scharnier zwischen Im- und Expressionismus. Wir sind froh, seinem künstlerischen  Werdegang mit einer so opulent bestückten Retrospektive nachspüren zu können. Besonders freuen wir uns über die zahlreichen farbstarken Arbeiten, die aus US-amerikanischen  Sammlungen angereist sind, darunter Inkunabeln der fauvistischen  Malerei aus dem Art Institute of Chicago und der National Gallery of Art in Washington. Ein weiteres Highlight sind die zahlreichen Schlüsselwerke  aus inter- nationalen Privatsammlungen, die sonst nicht öffentlich  zugänglich sind.“

 

Spätes Schaffen

Auch wenn der Erste Weltkrieg für Vlaminck eine persönliche Desillusionierung und für sein Schaffen eine Zäsur darstellte, verlor seine Malerei in den Zwischenkriegsjahren nicht an Faszination für seine Zeitgenossen. 1919 richtete ihm die Pariser Galerie Druet eine Einzelausstellung aus; 1929 veranstaltete die Düsseldorfer  Galerie Alfred Flechtheim seine erste und bislang einzige umfassende Einzelausstellung in Deutschland.

Im Zuge nationalsozialistischer Kulturpolitik  nach 1933 wurde auch das Werk Maurice de Vlamincks als „entartet“ verfemt und aus dem Bestand deutscher Museen entfernt. Das Spätwerk Vlamincks ist kaum erforscht. Düstere, bedrohliche Landschaften jenseits aller avantgardistischen Strömungen dominieren das späte Schaffen des Künstlers, der 1955 an der documenta I teilnahm und im selben Jahr durch die Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts  de Belgique als assoziiertes Mitglied aufgenommen wurde. Das Spätwerk bildet das letzte Ausstellungskapitel der Potsdamer Schau. Auch wenn der Fokus auf Vlamincks fauvistischem Frühwerk liegt, macht die Ausstellung damit auch auf die Widersprüche in der Biographie des Künstlers aufmerksam.
 
Ortrud Westheider: „Unsere Ausstellung präsentiert das Werk Vlamincks von den Anfängen bis zu seinen späten Landschaften, in denen er Monets Getreideschober und Van Goghs Weizenfelder neu interpretierte. Diese Bilder zeigen den Rückzug des früheren Rebellen aus der Avantgarde, seine Kritik an der Moderne und seine pessimistische Weltsicht. 1942, nach einer Reise nach Deutschland, hat er die nationalsozialistische Kulturpolitik in Zeitungsartikeln gelobt. Wir finden es wichtig, diese Kollaboration zu benennen. In seiner Kunst gibt es aber keine Nähe zur NS-Ästhetik. Während dort die Bauern als Helden dargestellt werden, ist der Mensch in Vlamincks späten Landschaftsbildern isoliert und existentiell ausgeliefert.“

Zur Ausstellung erscheint bei Prestel ein 220-seitiger Katalog, der im Dezember 2023 durch ein Symposium in Potsdam vorbereitet wurde. Als erste umfangreiche Publikation zu Vlaminck in deutscher Sprache kann der Katalog mit seinen neuen Erkenntnissen Anstöße zur weiteren Vlaminck-Forschung geben:

Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne
Herausgegeben von Roland Mönig, Michael Philipp, Anna Storm und Ortrud Westheider
Mit Beiträgen von Sterre Barentsen, Jacqueline Hartwig, Matthias Krüger, Valentina Plotnikova, Lisa Smit, Anna Storm, Heinz Widauer und Daniel Zamani
Prestel Verlag, München 2024
Hardcover mit Schutzumschlag, 220 Seiten, 24 x 30 cm
200 farbige Abbildungen
ISBN 978-3-7913-9132-8
Buchhandel € 45,00, Museumsshop € 39,90
Pressevorzugspreis am 12. September 2024 € 20

 

50 Leihgeber aus zwölf Ländern

Kuratiert von Daniel Zamani, Potsdam, und Anna Storm, Wuppertal, vereint die Ausstellung 73 Werke Maurice de Vlamincks aus 50 internationalen Sammlungen. Dazu gehören die Albertina, Wien, das Artizon Museum, Ishibashi Foundation, Tokyo, das Brooklyn Museum und das Metropolitan Museum of Art, New York, das Centre Pompidou sowie das Musée d’Orsay, Paris, die Kunsthallen in Hamburg und Mannheim, das Museum Folkwang, Essen, das Museo nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid, die National Gallery of Art, Washington D. C., die Staatlichen Museen zu Berlin, Nationalgalerie, die Tate, London, das Art Institute of Chicago und das Van Gogh Museum, Amsterdam.

  • Laufzeit:  14. September 2024 – 12. Januar 2025
  • Adresse: Museum Barberini, Alter Markt, Humboldtstraße  5–6,
  • 14467 Potsdam
  • Öffnungszeiten:
    Mo, Mi–So 10–19 Uhr
    Für Kindergärten  und Schulen nach Anmeldung
    Mo–Fr (außer Di) ab 9 Uhr
  • Eintritt und Tickets:
    Mo, Mi–Fr € 16 / € 10,
    Sa/So/Feiertage € 18 / € 10
    Freier Eintritt unter 18 Jahren und für Schüler
    Freier Eintritt jeden Donnerstag ab 14 Uhr für alle unter 25

 

Digitale Begleiter

Die Barberini App ist der persönliche Begleiter vor, während und nach dem Museumsbesuch. Sie bietet Audioguides für den Museumsbesuch  in Deutsch und Englisch als Tour für Erwachsene und Kinder eine Kinderbegleittour, Texte in einfacher Sprache, Serviceinformationen, Veranstaltungstipps sowie Videos mit Experteninterviews.
Kostenlos erhältlich im App Store und bei Google Play. museum-barberini.de/app

Der Barberini Prolog stimmt auf die aktuelle Ausstellung ein. Als kompakte, multimediale Webseite gibt der Prolog einen Überblick über die Themen und Werke und ist geeignet zur Vorbereitung  des Museumsbesuchs  oder zur Weiterempfehlung der Schau. prolog.museum-barberini.de

In der 360°-Tour auf der Website des Museums können die aktuelle Ausstellung (ab Ende September 2024) und die Sammlung Hasso Plattner digital erkundet werden. Virtuell lässt sich von einem Ausstellungsraum zum anderen navigieren und durch die Zoom-Funktion jedes Bild im Detail betrachten. museum-barberini.de/de/mediathek

In der Videoreihe Close ups stellt das Kunst- und Vermittlungsteam des Museums Barberini Gemälde der Impressionismus-Sammlung vor und beleuchtet deren Entstehung, Formensprache  und Rezeption.

Im Gespräch mit Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern führt das Expertenvideo in das Thema der Ausstellung ein. Mit Matthias Krüger, Ludwig-Maximilians-Universität München, Roland Mönig, Von der Heydt-Museum Wuppertal, Anna Storm, Von der Heydt-Museum  Wuppertal, Heinz Widauer, Kunsthistoriker, Wien, Daniel Zamani, Museum Frieder Burda, Baden-Baden.

 

Rahmenprogramm:

Ein vielfältiges Vermittlungs- und Veranstaltungsprogramm für alle Interessens- und Altersgruppen begleitet die Ausstellung. Dazu zählen eine Konzertlesung mit Ulrich Matthes am 27. September im Nikolaisaal Potsdam, das KlangFarben-Konzert am 22. November mit Clemens Goldberg und Mitgliedern  der Kammerakademie Potsdam sowie Gesprächsveranstaltungen und Lesungen. Neben den beliebten Yoga-Veranstaltungen finden eine Vielzahl an Führungen, Workshops, Vorträgen und barriere- freien Angeboten statt.

Das vollständige Programm sowie aktuelle Ergänzungen und Neuigkeiten zu den Angeboten findet Ihr unter museum-barberini.de/de/kalender/formate
 
  

Foto: Maurice de Vlaminck, Die Angler, 1907, Öl auf Leinwand, 60 x 73 cm, Sammlung Hasso Plattner, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

 

 

 
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